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Wie schnell können Sie lesen? Fakten und Mythen rund um Speed Reading

Erstellt:

Von: Sven Trautwein

So viele tolle Bücher, aber viel zu wenig Zeit, um alle zu lesen. Kann Speed Reading helfen? Wir stellen Fakten und Mythen des Schnelllesens vor.

2021 erschienen mehr als 71.000 Bücher auf dem deutschen Buchmarkt. Diese alle zu lesen, würde unendlich viel Zeit verbrauchen. Man käme hier gar nicht mehr hinterher. So gibt es immer wieder Methoden, die Lesegeschwindigkeit zu erhöhen. Die Anzahl der Wörter, die ein Leser pro Minute schafft, hängt von der Übung ab. So erreicht ein langsamer Leser 120 bis 200 Wörter pro Minute. Durch Speed Reading soll sich das sehr steigern lassen. Ist an dieser Methode etwas dran?

Eine Hand über einem aufgeschlagenen Buch
Mit Schnelllesen ganze Bücher schneller erfassen. Klappt das und wie geht das? © agefotostock/Millenius/Imago

Im Frühjahr wurde in einem Privathaus in Mettingen die größte Privatbibliothek gefunden. 70.000 Bücher hatte ein Ingenieur über die Jahre gesammelt. Nimmt man für einen durchschnittlichen Leser zwei Romane pro Woche an, hätte es hier rund 80 Jahre gedauert, bis diese Bücher alle gelesen worden wären.

Schnelles Lesen klingt so verlockend. Nicht nur für die Schule und die Uni. Allein die Vorstellung, danach am Ende mehr Freizeit zu haben, statt sich stundenlang mit dem Buch auseinanderzusetzen, lassen das Speed Reading immer wieder sehr interessant erscheinen. Doch was passiert beim schnellen Lesen? Verlieren wir da den Überblick? Wissen wir am Ende überhaupt, was in dem gelesenen Text steht?

Schnelllesen – Was bedeutet das?

Bei einer Schnelllesetechnik erhöht man die Lesefrequenz der Wörter um ein Vielfaches, ohne dass das Verständnis darunter leidet. Je nach Schwierigkeit des Textes liest ein durchschnittlicher Leser zwischen 100 und 400 Wörter. Leseforscher Ralph Radach, Professor an der Universität Wuppertal, liest rund 200 Seiten am Tag und geht gegenüber der Wochenzeitung Die Zeit davon aus, dass jeder interessierte Leser schneller lesen kann. So soll man versuchen, sich nicht mehr auf einzelne Wörter zu konzentrieren, sondern mehrere Wörter in einer Gruppe zu erfassen.

Wie lesen wir?

Wenn wir lesen, nimmt unser Auge nicht jeden einzelnen Buchstaben wahr. Wir springen mit dem Blick durch den Text. Mal nach vorne, mal zurück. So erfassen wir Wörter und Wortgruppen. Unser Gehirn ist in der Lage, Bilder und Bedeutungen von Wörtern zu speichern, die wir beim Lesen abrufen. Sind wir in der Lage, die Anzahl der Wörter und Wortgruppen zu erhöhen, lesen wir schneller. Wir bleiben somit nicht mehr so häufig an einzelnen Punkten im Text hängen.

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Mythen rund ums Schnelllesen

Spaß beim Lesen ist relativ. Dieser häng vielmehr mit dem Inhalt zusammen. Fesselt der nicht, ist es grundsätzlich egal, wie schnell oder wie langsam man liest. Für Professor Ralph Radach ist es eher eine Überlegung wert, negative Lesegewohnheiten abzulegen, beispielsweise das Zurückspringen im Text oder das Mitsprechen der Wörter beim Lesen. Durch das Erfassen größerer Wortgruppen ist nicht davon auszugehen, dass das Textverständnis darunter leidet. Auch Hilfsmittel, sogenannte „Pacer“ sind nicht nötig. Finger oder Stift leisten dasselbe, sollte es nötig sein.

Die schnellsten Leser der Welt

Laut BrainRead ist der Amerikaner Sean Adams einer der schnellsten Leser weltweit. Mit rund 3.850 Wörtern pro Minute (wpm) liest er rund 17-mal schneller als ein Durchschnittsleser. Zu weiteren Schnelllesern gehört der Norweger Kjetill Gunnarson, der rund 3.050 Wörter pro Minute schafft. Die derzeitig höchste Menge an Wörtern pro Minute schaffte Anne Jones. Sie las „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ (werblicher Link) in rund 47 Minuten. Das ergibt einen Wert von 4.251 wpm.

Fakt ist, Schnelllesen klappt nicht über Nacht. Es setzt Training und Disziplin voraus. Und es eignet sich auch nicht unbedingt für jedes Genre. Ein Roman, den man aus Lust an Ablenkung und Unterhaltung lesen möchte, sollte genauso gelesen werden, wie man es bisher gemacht hat. Bei Sachbüchern und wissenschaftlicher Literatur stellt sich manches Mal die Frage, ob man die Textmenge nicht schneller erfassen und verarbeiten möchte. Auch hier sind die Ansprüche ganz individuell und sollten zu dem jeweiligen Leser passen.

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