Genießen Sie kurzweilige Unterhaltung aus weiblicher Perspektive mit „Enjoy Schatz“ von Jovana Reisinger
Ist Autor gleich Protagonist, ist die Schriftstellerin in „Enjoy Schatz“ Jovana Reisinger selbst? Kurzweiliges und unterhaltsames Perspektivspiel.
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Wie viel Autor bzw. Autorin steckt in einem Text? Während der Verfasser oder die Verfasserin eines Textes Roland Barthes‘ literaturtheorischen Aufsatzes „Der Tod des Autors“ zufolge nur eine geringe oder keine Bedeutung für den Text haben soll, spielt Jovana Reisinger in ihrem kurzweiligen Roman „Enjoy Schatz“ mit der Annahme, weiblich Schreibende würden immer mit ihren Figuren verwechselt werden.
Jovana Reisinger „Enjoy Schatz“: Über das Buch
Anders als in ihrem Roman „Spitzenreiterinnen“ (werblicher Link), in dem ganz unterschiedliche, stereotypisch gezeichnete Frauencharaktere – benannt nach Frauenzeitschriften – vorkommen, beschränkt sich „Enjoy Schatz“ auf zwei Perspektiven: eine Ich-Erzählerin und eine Sie-Erzählerin, die Schriftstellerin ist. Ob und wie viel Jovana in ihrem Roman steckt, bleibt offen – auch wenn sich wohl einige Leserinnen und Leser wünschen würden, zu erfahren, wie autobiografisch ihre Werke sind.
»Helle Blitze, laute Donner. Komm her und fuck me. Und dann love me real good.« Zukünftige*r Liebhaber*in bitte diesen Text aufmerksam lesen! Das ist die Anleitung zum Glück mit der Schriftstellerin. Denn alles was hier steht, ist autobiografisch. Ist wahr, ist echt, ist real. Oder? Oooops. Jetzt wird’s geil: Doppelter Boden. Changieren zwischen einer fiktiven Person (Cis-Frau, Autorin, Anfang dreißig, weiß, bisexuell, verheiratet, auf der Suche nach einem Liebhaber, einer Liebhaberin) und mir. Eine Verschmelzung, eine Auflösung, ein Spiel. Denn werden weibliche Schreibende nicht sowieso mit ihren Figuren verwechselt? Warum sich also die Mühe machen und eine Protagonistin erschaffen, die möglichst weit weg von der Verfasserin ist? Eben. Pure Zeit- und Energieverschwendung. Dabei sind Zeit und Energie neben Geld wichtige Einheiten in so einem Leben. Im Kapitalismus. Im Patriarchat.
Jovana Reisinger „Enjoy Schatz“: Fazit
Nicht nur für Menschen aus der Feminismus-Bubble, die offen und tolerant mit Themen wie Geschlechtsneigung, Bettgeschichten und Co. umgehen, ist die Lektüre von „Enjoy Schatz“ bereichernd. Insbesondere, wenn man sich bislang noch nicht so sehr mit Autorinnen bzw. der weiblichen Perspektive in bestimmten, gesellschaftlich relevanten Gebieten befasst hat, ist Jovana Reisingers Roman Augen öffnend. Besonders das Perspektivspiel von Ich-Erzählung vs. Sie-Erzählerin und Schrifstellerin-Figur vs. Autorin ist gleichermaßen spannend wie wahnsinnig kurzweilig und unterhaltsam.
Wer von starken weiblichen, literarischen Stimmen nicht genug bekommen kann, sollte sich auch Jacinta Nandis „50 Ways to leave your Ehemann“, „Die Wut, die bleibt“ von Mareike Fallwickl und „Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?“ von Sara Weber nicht entgehen lassen.
Jovana Reisinger „Enjoy Schatz“
2022 Korbinian Verlag, ISBN-13 978-3982460222
Preis: 20 €, 150 Seiten
Jovana Reisinger
Jovana Reisinger wurde 1989 in München geboren, hat Kommunikationsdesign, Drehbuch und Dokumentarfilmregie studiert und arbeitet als Autorin, Filmemacherin und bildende Künstlerin. Für ihren Debütroman „Still halten“, der 2017 im Verbrecher Verlag erschien, wurde sie mit dem Bayern 2-Wortspiele-Preis ausgezeichnet. Für ihren Roman „Spitzenreiterinnen“ aus dem Jahr 2021, ebenfalls vom Verbrecher Verlag publiziert, wurde sie für den Bayerischen Buchpreis 2021 nominiert. Seit 2020 schreibt Jovana Reisinger die Menstruationskolumne „Bleeding Love“ für VOGUE Online.