Håkan Nesser „Der Halbmörder“ – Der Philosoph unter den Krimiautoren
Knapp 40 Jahre schreibt Håkan Nesser Romane und Krimis. Seine Neuerscheinung sorgt für glänzende Unterhaltung. Buchtipp.
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In den 1980er Jahren begann Håkan Nesser mit dem Schreiben von Romanen. 1988 erschien sein Debüt „Koreografen“ – auf Deutsch „Der Choreograph“ (werblicher Link). Nach einigen weiteren Titel erschien 1993 der erste Band seiner Van-Veeteren-Krimireihe. Schon nach den ersten Seiten hat uns seine Erzählweise gepackt und lässt sie nicht mehr los. Ob Roman oder Krimi, er gilt als Philosoph unter den Autoren. Auch „Der Halbmörder“ ist wieder ein überaus lesenswerter Krimi geworden.
Håkan Nesser „Der Halbmörder“: Über das Buch

„Trotz allem, was du vielleicht glaubst, bist du nicht wichtig für die Welt.“ Das waren die Worte, die Adalbert Hanzons Vater ihm als Kind mitgab. Vielleicht nicht das ermutigendste Motto, aber Adalbert kommt trotzdem ganz gut zurecht. Zumindest bis die Liebe und der Wahnsinn, der so oft darauf folgt, zuschlagen. 43 Jahre und eine Haftstrafe später ist Adalbert Hanzon ein dem Alkohol zugeneigter älterer Herr mit Rückenproblemen und zunehmend nachlassendem Gedächtnis. Plötzlich holt ihn die Vergangenheit ein...
Adalbert Hanzon plagt das Älterwerden. Mit 74 Jahren ist vieles kein Zuckerschlecken mehr. Um sein Gedächtnis bei Laune zu halten, schreibt er Erinnerungslisten. Ansonsten gibt sich Hanzon dem Grummeln hin. Er scheint ein sehr pessimistischer Zeitgenosse zu sein. Wir lesen zwar von seiner Gefängnisstrafe, aber kennen trotz allem sehr lange den Grund nicht. Mag der Zauderer auch zuerst ein wenig unnahbar wirken, beginnt man ihn zu mögen. Was geschah wirklich vor knapp fünfzig Jahren?
Alle Romane von Håkan Nesser haben etwas gemeinsam: es sind die ungewöhnlichem, scharf gezeichneten Charaktere, die atmosphärisch dichte Erzählweise, die eher an einen Philosophen als an einen Krimiautor erinnern und Geschichten, die mit überraschenden Wendungen den Leser tief hineinziehen und nicht mehr loslassen. Und auch hier heißt es: am Ende kommt es anders ...
Neben den Van-Veeteren-Büchern und der Inspektor-Barbarotti-Reihe hat Håkan Nesser folgende Romane geschrieben:
- Der Choreograph, 1988
- Barins Dreieck, 1996
- Die Wildorchidee aus Samaria, 1997
- Kim Novak badete nie im See von Genezareth, 1998
- Die Fliege und die Ewigkeit, 1999
- In Liebe, Agnes, 2002
- Und Piccadilly Circus liegt nicht in Kumla, 2002
- Die Schatten und der Regen, 2004
- Aus Doktor Klimkes Perspektive. 2005
- Die Perspektive des Gärtners, 2009
- Die Wahrheit über Kim Novak und den Mord an Berra Albertsson, 2010
- Himmel über London, 2011
- Die Lebenden und Toten von Winsford, 2013
- Strafe, 2014
- Elf Tage in Berlin, 2015
- Der Fall Kallmann, 2015
- INTRIGO (Kurzgeschichten), 2018
- Der Halbmörder, 2019
Nessers Krimi ist eine gelungene Erzählung. Nicht blutrünstig und Effekthascherei, wie es oftmals der Fall ist. Es ist eine nahezu gemütliche Erzählweise, die man nicht dazwischenschieben, sondern von der ersten bis zur letzten Seite genießen sollte. Wer es sprachlich und inhaltlich härter mag, möge bei Vincent Kliesch oder Malin Stehn fündig werden.
Håkan Nesser „Der Halbmörder“: Fazit
Für alle, die die ruhige, nachdenkliche Art von Krimis mögen im Stil von Arne Dahl, Georges Simenon und Patricia Highsmith. Selten einen so lesenswerten und tiefen Krimi auf knapp 280 Seiten gelesen.
Håkan Nesser „Der Halbmörder“
Aus dem Schwedischen von Paul Berf
2022 btb, ISBN-13 978-3-442-75872-2
Preis: Hardcover 22 €, E-Book 17,99 €, 288 Seiten (abweichend vom Format)
Håkan Nesser
Håkan Nesser wurde 1950 geboren und ist einer der interessantesten und wichtigsten Krimiautoren Schwedens. Für seine Kriminalromane erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Die Bücher wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt und teilweise verfilmt. Håkan Nesser lebt mit seiner Frau in Stockholm und auf Gotland.